Schuld an Bühne
Staatstheater Karlsruhe
2013
oper von mieczyslaw weinberg
Die Passagierin
Oper von
Mieczysław Weinberg
nach dem Roman von Zofia Posmysz
Badisches Staatstheater Karlsruhe
Premiere: 18. Mai 2013
Mieczysław Weinberg
nach dem Roman von Zofia Posmysz
Badisches Staatstheater Karlsruhe
Premiere: 18. Mai 2013
Das Stück spielt ca 1965 auf einem Dampfer, der Europa Richtung Brasilien verlässt und in Rückblenden zwanzig Jahre zuvor in Auschwitz. Die abstrakte Gestaltung des Raumes verbindet die beiden Zeitebenen zu einer heutigen. Denn im Werk von Zofia Posmysz, der Autorin der Romanvorlage für die Oper, ist die Vergangenheit immer im Heute präsent und bleibt durchscheinendes, spürbares Erlebnis. Daher sind es nur kleine Veränderungen die aus den Reisenden des Dampfers Aufseher und Insassen, aus den Dampfwolken des Schiffes den Rauch des Krematoriums, aus dem Gepäck der Passagiere die herrenlosen Kofferberge eines KZ werden lassen. Die Filterebene der Spiegelsegmente schwankt ebenso leicht wie schnell zwischen einem Davor und Dahinter, zwischen Kabinen- und Barackenwand, zwischen Spiegel in sich Selbst und die Vergangenheit.
Photos: Falk von Traubenberg / Staatstheater Karlsruhe © 2013
Besetzung
Marta
Lisa Walter Tadeusz Katja Krystina Vlasta Hannah Regie Musikalische Leitung Bühne & Kostüme Licht Chor Dramaturgie |
Kammersängerin Barbara Dobrzanska
Christina Niessen Kammersänger Klaus Schneider / Matthias Wohlbrecht Andrew Finden / Mariusz Godlewski Camelia Tarlea Katharine Tier Christina Bock / Hatice Zeliha Kökcek Dilara Baştar / Sarah Alexandra Hudarew Holger Müller-Brandes Christoph Gedschold Philipp Fürhofer Stefan Woinke Ulrich Wagner Bernd Feuchtner |
Photos: Falk von Traubenberg / Staatstheater Karlsruhe © 2013
Pressestimmen
„Mit Lisa, aus der Perspektive einer Täterin, beginnt das Wunder einer Oper, der einzigen Oper über Auschwitz. Wer Die Passagierin erlebt hat (...), fragt sich: Warum wurde dieses Wer erst vor drei Jahren uraufgeführt? Wie konnte dieser Komponist so überhört werden? (...) Bei der Uraufführung in Bregenz hatte David Pountney die beiden Welten in drastischem Realismus getrennt, in Karlsruhe vereinen Regisseur Holger Müller-Brandes und Ausstatter Philipp Fürhofer sie auf spiegelnder Fläche, auch sonst sind immer beide Welten präsent. Doch wird damit nicht die Perspektive zerstört, die die frühere Täterin zuerst als Privatperson zeigt? Dem steht nicht nur die anrührende, strahlende Intensität der Lisa-Darstellerin Christina Niessen entgegen, sondern auch die Musik. Wenn die Erinnerung einsetzt, senkt sich eine akustische Schranke: 41 Takte lang ertönt vom Vibrafon dieselbe Quinte. Sanft fast, aber unerbittlich. Genauso arbeitet auch die Regie. Niemand trägt hier Hakenkreuz, manche ‚Neuzugänge’ kommen gar mit modernen Rollkoffern an, die männlichen SS-Leute sind eher Karikaturen – und doch wird das KZ nicht relativiert. Es gleicht vielmehr einem Bewusstseinsraum, in dem aus Opfern Menschen werden.“
Die Zeit, Mai 2013
"Wie bringt man so etwas auf die Bühne? Sicher nicht in realistischen Bildern, also kein peinliches Pappmaché-KZ. Regisseur Holger Müller-Brandes und Ausstatter Philipp Fürhofer inszenieren die Handlung in einem abstrakten, sich spiegelnden Raum. Verschiebbare Spiegelwände begrenzen die Enge zwischen Chor und handelnden Figuren. Der perfekt einstudierte Chor (Leitung: Ulrich Wagner) und die sensibel geführten Solisten erzählen die Geschichte als Kammerspiel. Stefan Woinkes stimmige Lichtregie sorgt für die immer richtige Beleuchtung der Protagonisten."
dpa / Focus Online, Mai 2013
Die Zeit, Mai 2013
"Wie bringt man so etwas auf die Bühne? Sicher nicht in realistischen Bildern, also kein peinliches Pappmaché-KZ. Regisseur Holger Müller-Brandes und Ausstatter Philipp Fürhofer inszenieren die Handlung in einem abstrakten, sich spiegelnden Raum. Verschiebbare Spiegelwände begrenzen die Enge zwischen Chor und handelnden Figuren. Der perfekt einstudierte Chor (Leitung: Ulrich Wagner) und die sensibel geführten Solisten erzählen die Geschichte als Kammerspiel. Stefan Woinkes stimmige Lichtregie sorgt für die immer richtige Beleuchtung der Protagonisten."
dpa / Focus Online, Mai 2013
„Nun hat sie das Karlsruher Staatstheater zur Deutschen Erstaufführung ins Repertoire genommen. Ein glücklicher Griff, denn sowohl das Stück als auch seine Inszenierung durch Holger Müller-Brandes gerieten zu einem Höhepunkt der Spielzeit. (...) Im Übrigen aber lebt die die Inszenierung aus einer bezwingenden Fülle von Bildern des Bühnenbildners Philipp Fürhofer, die die Schrecken der KZ-Hölle zu einer Ästhetik des Grauens verdichten. (...) Das Publikum feierte nach einem Moment betroffenen Schweigens das gesamte Ensemble mit intensivem Beifall, der sich, als die greise Autorin Posmysz auf der Bühne erschien, zu Standing Ovations steigerte. Zu Recht, denn diese Passagierin ist ein großer Opernabend abseits der gewohnten Pfade. Sehenswert!"
Badische Neueste Nachrichten, Mai 2013
„Der von Philipp Fürhofer – von ihm stammen auch die gelungenen Kostüme – geschaffene Einheitsbühnenraum, der von zahlreichen verschiebbaren Spiegelfragmenten dominiert wird, vereinigt in sich die zwei Handlungsstränge des Ozeanriesen und von Auschwitz. In Lisas Vorstellung verschwimmen die beiden Ebenen zunehmend miteinander und die Passagiere werden zu jüdischen Häftlingen. Das Ganze ist weniger äußerlicher als vielmehr innerer Natur. Die Spiegelgläser und der ebenfalls reflektierende Boden sind als Spiegelbild der Seele aufzufassen. Das Geschehen ist gleichsam eine Reise der beiden Protagonistinnen, insbesondere Lisas, in sich selbst, ist Ausdruck von Angst, Gewissensqual und Not, wobei Täter- und Opferperspektive rigoros zusammenprallen.
Auch überzeugende Symbolik kommt in Müller-Brandes Deutung nicht zu kurz. Wenn beispielsweise Marta auf ihrem Koffer sitzt, ist das beredtes Sinnbild für die nie enden wollende Reise der Kinder Israels durch die Jahrhunderte. (...) Ängstlich auf dem Boden liegend erwarten Marta und ihre Leidensgenossinnen ihren Tod, wobei sie versuchen, sich gegenseitig Hoffnung zu spenden – ein starkes Bild, das sich tief in das Gedächtnis einbrannte."
Der Opernfreund, Mai 2013
„Am Schluss der Vorstellung brauste nach kurzem Innehalten ein Jubel durchs Haus, den man nicht alle Tage erlebt. Minutenlanger Applaus und endlos viele Bravorufe des Publikums mündeten schließlich in Standing Ovations des gesamten Hauses für die polnische Autorin Zofia Posmysz, als sie auf die Bühne gebeten und mit Blumen beschenkt wurde. Man kann von einem denkwürdigen Opernabend sprechen. Der Intendanz des Badischen Staatstheaters ist auf jeden Fall zu der Reihe „Politische Oper“ im Rahmen ihrer Spielplanlinie zu gratulieren!"
Der Neue Merkur, Mai 2013
Photos: Falk von Traubenberg / Staatstheater Karlsruhe © 2013