Schuld an Bühne
theater Chemnitz
2019
Schauspiel von Bell
Freundliche Uebernahme
von
Brian Bell
Theater Chemnitz
Premiere: 08. November 2019
Brian Bell
Theater Chemnitz
Premiere: 08. November 2019
Oertel, Ruk und Al Tee landen auf der Erde oder nein, anders: Peng – sie sind einfach da. Während Oertel und Ruk in einem merkwürdigen Gebäude mit siebenundzwanzig identischen Zimmern und einem scheinbar endlosen Flur landen, verschlägt es Al-Tee in eine politisch engagierte Wohngemeinschaft, die gegen TTIP auf die Straße geht, den Müll trennt und bestens vernetzt und weltoffen ist und grundsätzlich findet, dass man einfach mehr zu sich selber finden muss. Aber wenn plötzlich so ein Außerirdischer in der Küche sitzt, geraten das Selbstbild und die eigene Wahrnehmung doch etwas ins Wanken. Man wird unsicher, ob das befremdliche Gegenüber überhaupt da sein kann. Was es nicht gibt, das gibt es schließlich nicht. Aber man möchte ja auch nicht unhöflich sein.
Oertel und Ruk haben mittlerweile herausgefunden, dass dieses Gebäude mit den siebenundzwanzig identischen Zimmern ein Hotel ist und die permanent betrunkene Frau, in deren Zimmer sie versehentlich geraten sind, eine sehr erfolgreiche Pornoproduzentin ist. Diese geht wesentlich pragmatischer mit den Außerirdischen um. Welch eine Fügung, denkt sich die Dame, Außerirdische in der Pornoindustrie! Das kann man nutzen! Das steigert Einzigartigkeit, Marktwert und Auflage. Und sie engagiert Oertel und Ruk vom Fleck weg – ob sie wollen oder nicht.
In der WG haben sich Tom und Ebu mittlerweile auch an Al Tee gewöhnt. Dass er Isomatten isst und gerne ungefragt Menschen umarmt – nun ja, das eine ist nicht so schlimm, das andere sogar schön, weiß man doch, dass zu wenig Körperkontakt zu Depressionen führt. Deswegen wurden auch Umarmungen auf die WG-Agenda gesetzt. So leben sie zusammen, die Irdischen und die Außerirdischen. Bis irgendwann die Außerirdischen Heimweh bekommen und zurück möchten. Zu merkwürdig, fremd scheint ihnen das irdische Treiben. Aber wie zurück?
Oertel und Ruk haben mittlerweile herausgefunden, dass dieses Gebäude mit den siebenundzwanzig identischen Zimmern ein Hotel ist und die permanent betrunkene Frau, in deren Zimmer sie versehentlich geraten sind, eine sehr erfolgreiche Pornoproduzentin ist. Diese geht wesentlich pragmatischer mit den Außerirdischen um. Welch eine Fügung, denkt sich die Dame, Außerirdische in der Pornoindustrie! Das kann man nutzen! Das steigert Einzigartigkeit, Marktwert und Auflage. Und sie engagiert Oertel und Ruk vom Fleck weg – ob sie wollen oder nicht.
In der WG haben sich Tom und Ebu mittlerweile auch an Al Tee gewöhnt. Dass er Isomatten isst und gerne ungefragt Menschen umarmt – nun ja, das eine ist nicht so schlimm, das andere sogar schön, weiß man doch, dass zu wenig Körperkontakt zu Depressionen führt. Deswegen wurden auch Umarmungen auf die WG-Agenda gesetzt. So leben sie zusammen, die Irdischen und die Außerirdischen. Bis irgendwann die Außerirdischen Heimweh bekommen und zurück möchten. Zu merkwürdig, fremd scheint ihnen das irdische Treiben. Aber wie zurück?
Photos: Nasser Hashemi © 2019
Besetzung
mit
Regie Mitarbeit Regie Bühne & Kostüme Dramaturgie |
Martin Esser
Lisanne Hirzel Patrick Wudtke Andrea Zwicky Brian Bell Sam Hunter Daniel Unger René Rainer Schmidt |
Photos: Daniel Unger © 2019
Pressestimmen
"(…) ein durchgängig flottes Spiel (…), das dank der quicklebendigen, sympathischen und oft auch klugen Interventionen des Spielquartetts – allesamt recht neu im ausgebufften Chemnitzer Ensemble (Martin Esser und Andrea Zwicky seit 2017, Lisanne Hirzel und Patrick Wudtke seit diesem Sommer) und wirklich sportlich dynamisch agierend – überraschend gut funktioniert. (…) unterhaltsam (…). Für Hirzel und Wudtke bleiben es gelungene Aufbrüche ins Chemnitzer Engagement."
Dresdner Neueste Nachrichten
"Es ist wohl Brecht zu verdanken, dass modernes Theater etwas schafft, was 1000 Buchseiten nicht vermitteln können: Die Bühne macht abstrakte Zusammenhänge aus Politik und Gesellschaft bildhaft erlebbar. In ‚Freundliche Übernahme‘, dem neuen Stück am Chemnitzer Schauspielhaus, stehen gerade einmal vier Schauspieler auf den Brettern, die die Welt bedeuten: Nämlich einem überdimensionalen Monopoly-Spielfeld, auf dem sie gegeneinander antreten. "Wusstet ihr, dass dieses Spiel im Jahr 1904 eigentlich als radikale Kritik am Kapitalismus erdacht wurde?", fragt die Stimme aus dem Off. Legt der Brettspiel-Klassiker doch die hässliche Seite des Systems offen: Am Ende kann es nur einen Gewinner geben - und auf der anderen Seite viele verbitterte Verlierer.
Doch es gibt kein Entrinnen: Die vier Spieler sind in ihrem Monopoly-Escape-Room eingeschlossen. Los geht es also, das schnelle Geldverdienen - aus dem Theater-Ensemble treten an: Martin Esser und Patrick Wudtke als Dominik und Cornelius, Lisanne Hirzel und Andrea Zwicky spielen Trudi und Isabelle. Und es kommt, wie es kommen muss: Mit äußerste Hingabe zerfleischen sich die jungen Schauspieler im Spiel gegenseitig - vor lauter Neid und Missgunst. Und das Publikum? Die gerade einmal 60 Gäste, die in den Ostflügel des Schauspielhauses passen, spielen interaktiv mit. Zunächst als ‚Würfel‘, indem sie den Spielern Zahlen zurufen - und später auch als Ideengeber.
So kommen dem eigentlich fest gerahmten Stück einige Spontan-Elemente hinzu, bei denen die Improvisationsgabe der Künstler gefragt ist. Der US-amerikanische Regisseur Brian Bell kann mit einiger Erfahrung aus der Offtheater-Szene trumpfen. So wählte er die Monopoly-Metapher nicht nur als Sinnbild für den entfesselten Kapitalismus, sondern auch als offenen Spielraum, in dem nicht jede einzelne Zeile gescriptet ist. Das allein macht riesigen Spaß - denn die vier perfekt besetzten, jung-dynamischen Schauspieler sind mit schnellem Kopf und spritziger Verve bei der Sache.
Clever auch, dass die interaktive Sitzordnung rings um das Spiel-Quadrat das klassische Frontal-Theater kurzerhand auflöst (Bühne: Daniel Unger).
Das Publikum wird eins mit dem Spiel, und das macht Sinn, denn schließlich geht es um das Leben von uns allen: Im durchgetakteten Hamsterrad des mühevollen Geldverdienens kann sich jeder wiederfinden, während der reiche Sieger hoch oben auf dem ‚Sekt-Thron‘ seine vermeintliche Überlegenheit feiert, die er doch eigentlich den Fleißigen ‚da unten‘ zu verdanken hat. So weit, so systemkritisch: ‚Gut gemacht!‘, tönt die Off-Stimme, als die Spieler aufgeben und gegen das ausbeuterische Konzept rebellieren. Das ‚Höher, Schneller, Weiter‘ ist gescheitert - doch wie könnte es anders gehen? Was wäre, wenn Geld keine Rolle spielen würde? Wie würde deine Stadt aussehen, wenn du bestimmen könntest? Klare Antwort von Dominik:
‚Chemnitz wäre autofrei, überall gäbe es Wasserkanäle und Open-Air-Konzerte.‘ Isabelle würde sich für ethisches Fleisch und weniger Mobbing an Schulen einsetzen. So wird das Stück zur Projektionsfläche für Zukunftsideen, Systemutopien und allerhand Sozialromantik: Was wünschst du dir? Plötzlich plätschern so viele Fantasien, für die im Alltag schlicht keine Zeit bleibt. Es wird quergedacht, über Religion und Kultur sinniert, brüllend komisch herumgeflachst, heiß diskutiert und in Slow-Motion Krieg geführt. Bis die ‚Tabula Rasa‘ ganz unprätentiös klarstellt, dass es am Ende doch nur gemeinsam geht: Wertvoller kann Theater kaum sein.
Für die Macher ein voller Erfolg (…). Dieses Stück ist ein echter Geheimtipp (…)."
Freie Presse
"(…) ein Stück, das zwischen Impro-Theater und fester Choreografie unterhaltsam hin und her schwankt. Verdienst der vier Darsteller Martin Esser, Lisanne Hirzel, Patrick Wudtke und Andrea Zwicky ist, dass man die Übergänge nicht wirklich mitbekommt – vermutlich müsste man das Stück einige Male ansehen, um herauszufinden, was einstudiert und was aus dem Moment geboren ist (…)
Doch hält die ‚Stückentwicklung zur wackelig gewordenen Grundordnung‘ auch wirklich, was sie verspricht. Die großen Fragen werden angerissen: Was stiftet Gemeinschaft? Essen? Geschichten? Kunst? Gebete? Was kann den Menschen inspirieren? Was würdest du ändern, wenn du könntest? Worauf bist du stolz? Regisseur Brian Bell unterbricht das wilde Spiel dafür, schafft vergleichsweise kurze stille Momente. So kann man sich von ‚Freundliche Übernahme‘ sicher zu anregenden Gesprächen inspirieren lassen, mit flatternden Gedanken aus dem Stück als Basis. Wenn dieser Theaterabend das zuweilen leistet, dann hat er seinen Zweck doch schon erfüllt."
Stadtstreicher
Dresdner Neueste Nachrichten
"Es ist wohl Brecht zu verdanken, dass modernes Theater etwas schafft, was 1000 Buchseiten nicht vermitteln können: Die Bühne macht abstrakte Zusammenhänge aus Politik und Gesellschaft bildhaft erlebbar. In ‚Freundliche Übernahme‘, dem neuen Stück am Chemnitzer Schauspielhaus, stehen gerade einmal vier Schauspieler auf den Brettern, die die Welt bedeuten: Nämlich einem überdimensionalen Monopoly-Spielfeld, auf dem sie gegeneinander antreten. "Wusstet ihr, dass dieses Spiel im Jahr 1904 eigentlich als radikale Kritik am Kapitalismus erdacht wurde?", fragt die Stimme aus dem Off. Legt der Brettspiel-Klassiker doch die hässliche Seite des Systems offen: Am Ende kann es nur einen Gewinner geben - und auf der anderen Seite viele verbitterte Verlierer.
Doch es gibt kein Entrinnen: Die vier Spieler sind in ihrem Monopoly-Escape-Room eingeschlossen. Los geht es also, das schnelle Geldverdienen - aus dem Theater-Ensemble treten an: Martin Esser und Patrick Wudtke als Dominik und Cornelius, Lisanne Hirzel und Andrea Zwicky spielen Trudi und Isabelle. Und es kommt, wie es kommen muss: Mit äußerste Hingabe zerfleischen sich die jungen Schauspieler im Spiel gegenseitig - vor lauter Neid und Missgunst. Und das Publikum? Die gerade einmal 60 Gäste, die in den Ostflügel des Schauspielhauses passen, spielen interaktiv mit. Zunächst als ‚Würfel‘, indem sie den Spielern Zahlen zurufen - und später auch als Ideengeber.
So kommen dem eigentlich fest gerahmten Stück einige Spontan-Elemente hinzu, bei denen die Improvisationsgabe der Künstler gefragt ist. Der US-amerikanische Regisseur Brian Bell kann mit einiger Erfahrung aus der Offtheater-Szene trumpfen. So wählte er die Monopoly-Metapher nicht nur als Sinnbild für den entfesselten Kapitalismus, sondern auch als offenen Spielraum, in dem nicht jede einzelne Zeile gescriptet ist. Das allein macht riesigen Spaß - denn die vier perfekt besetzten, jung-dynamischen Schauspieler sind mit schnellem Kopf und spritziger Verve bei der Sache.
Clever auch, dass die interaktive Sitzordnung rings um das Spiel-Quadrat das klassische Frontal-Theater kurzerhand auflöst (Bühne: Daniel Unger).
Das Publikum wird eins mit dem Spiel, und das macht Sinn, denn schließlich geht es um das Leben von uns allen: Im durchgetakteten Hamsterrad des mühevollen Geldverdienens kann sich jeder wiederfinden, während der reiche Sieger hoch oben auf dem ‚Sekt-Thron‘ seine vermeintliche Überlegenheit feiert, die er doch eigentlich den Fleißigen ‚da unten‘ zu verdanken hat. So weit, so systemkritisch: ‚Gut gemacht!‘, tönt die Off-Stimme, als die Spieler aufgeben und gegen das ausbeuterische Konzept rebellieren. Das ‚Höher, Schneller, Weiter‘ ist gescheitert - doch wie könnte es anders gehen? Was wäre, wenn Geld keine Rolle spielen würde? Wie würde deine Stadt aussehen, wenn du bestimmen könntest? Klare Antwort von Dominik:
‚Chemnitz wäre autofrei, überall gäbe es Wasserkanäle und Open-Air-Konzerte.‘ Isabelle würde sich für ethisches Fleisch und weniger Mobbing an Schulen einsetzen. So wird das Stück zur Projektionsfläche für Zukunftsideen, Systemutopien und allerhand Sozialromantik: Was wünschst du dir? Plötzlich plätschern so viele Fantasien, für die im Alltag schlicht keine Zeit bleibt. Es wird quergedacht, über Religion und Kultur sinniert, brüllend komisch herumgeflachst, heiß diskutiert und in Slow-Motion Krieg geführt. Bis die ‚Tabula Rasa‘ ganz unprätentiös klarstellt, dass es am Ende doch nur gemeinsam geht: Wertvoller kann Theater kaum sein.
Für die Macher ein voller Erfolg (…). Dieses Stück ist ein echter Geheimtipp (…)."
Freie Presse
"(…) ein Stück, das zwischen Impro-Theater und fester Choreografie unterhaltsam hin und her schwankt. Verdienst der vier Darsteller Martin Esser, Lisanne Hirzel, Patrick Wudtke und Andrea Zwicky ist, dass man die Übergänge nicht wirklich mitbekommt – vermutlich müsste man das Stück einige Male ansehen, um herauszufinden, was einstudiert und was aus dem Moment geboren ist (…)
Doch hält die ‚Stückentwicklung zur wackelig gewordenen Grundordnung‘ auch wirklich, was sie verspricht. Die großen Fragen werden angerissen: Was stiftet Gemeinschaft? Essen? Geschichten? Kunst? Gebete? Was kann den Menschen inspirieren? Was würdest du ändern, wenn du könntest? Worauf bist du stolz? Regisseur Brian Bell unterbricht das wilde Spiel dafür, schafft vergleichsweise kurze stille Momente. So kann man sich von ‚Freundliche Übernahme‘ sicher zu anregenden Gesprächen inspirieren lassen, mit flatternden Gedanken aus dem Stück als Basis. Wenn dieser Theaterabend das zuweilen leistet, dann hat er seinen Zweck doch schon erfüllt."
Stadtstreicher
Photos: Daniel Unger © 2019